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Märchenmund | Presse zu „Ein kleines Stück vom Glück“
Märchen erzählt von Erzählerin Melody Reich
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Presse zu „Ein kleines Stück vom Glück“

Am 11. März 2017 war Christian Lion vom Gelsenkirchener Stadtspiegel zu Gast bei meinem Programm „Ein kleines Stück vom Glück“. Mit seiner Erlaubnis veröffentliche ich seinen Artikel gern auf meiner Seite.

„Es war einmal, wie’s keinmal war…“

Märchenerzählabend am Ückendorfer Bauspielplatz mit Melody Reich

…und wäre es nicht gewesen, so könnte ich auch nicht davon erzählen.“

Bekannte und fremde Märchen zum Thema Glück im Café Kännchen.

Von Christian Lion

Etwas mehr als zwei Dutzend Personen sitzen an kleinen, runden Tischen rings um die Bühne herum, es sind nur noch vereinzelnd Stühle frei. Das ganze Zimmer ist in ein leicht oranges Licht getaucht. Gelb-goldene Vorhänge flankieren die Fenster, blaue Samtdecken liegen auf den Tischen. Die drei Discokugeln und die bunten Scheinwerfer an der Decke wirken etwas fehl am Platze. Die Speisekarte des Café Kännchen ist perfekt auf das Thema Märchen abgestimmt: So gibt es den „dicken, fetten Pfannkuchen“ oder die Gaben des „Tischlein deck‘ dich“. Gästen, die versuchen sollten die Zeche zu prellen, wird schelmisch mit dem „Knüppel aus dem Sack“ gedroht.

 

Die Gespräche sind verstummt, als Melody Reich über die zweistufige Treppe die kleine Bühne, in der Mitte des Raumes, betritt. Hinter ihr steht ein kleiner goldener Stuhl und eine große goldene Karaffe. Im Vergleich zum pinken Kleid und der hellroten Decke zu ihren Füßen ist die Erzählerin eher schlicht gekleidet. Sie trägt eine schwarze Stoffhose und über einem blauen T-Shirt eine schwarze Stoffjacke.

 

Die 47-jährige studierte in Marburg Theologie und arbeitete lange Zeit als Theaterpädagogin. Als sie vor zehn Jahren ans Consol Theater in Gelsenkirchen gekommen ist, hat sie ihre Passion für das Erzählen entdeckt. „Mir gefällt der hohe Einsatz von Fantasie beim Erzählen. Wenn ich mir ein Märchen erarbeite, mache ich mir Bilder von dem, was in der Geschichte passiert. Je intensiver ich selbst Bilder im Kopf habe, umso deutlicher können meine Zuhörer sich selbst Bilder vom Geschehen machen“, erzählt sie mir. „Die Märchen existieren ja meist seit sehr vielen Jahren, aber je öfter ich sie erzähle, desto besser verstehe ich die Situation und Charaktere der Märchen und kann sie umso besser vermitteln.“

Mit einem geheimnisvollen Lächeln fragt sie in die Runde, was die Anwesenden eigentlich unter Glück verstehen. Immerhin gäbe es ja viele verschiedene Auffassungen vom Glück. Es fallen Sprichwörter wie „Glück und Glas, wie schnell bricht das?“ und „Jeder ist seines Glückes Schmied“. Schnell ist die Brücke zum ersten Märchen des Abends geschlagen.

Die Geschichte „Der Pechvogel“ stammt aus Tirol und lässt sich gut mit dem Schweizer Sprichwort „Das Glück liegt auf dem Weg, der Eine nimmt es mit, der Andere lässt es liegen“ umschreiben. Der Zuschauer merkt direkt, dass sich Melody Reich auf ihrem Fachgebiet bewegt. Sie vermag es Emotionen und Personen mit leichten, prägnanten Aktionen geschickt darzustellen. So wechselt die Stimmung so rasch, wie die Personen in den Geschichten: Aus Angst wird Bedrohung, aus Trauer wird Zuversicht. Ruhe weicht Hektik, Verlegenheit kippt in Erleichterung. Aus dem Interesse eines Burschen wird rasch Neugier, dem begeisterten jungen Mann folgt der verstohlene König. Das alles geschieht durch leichte Wechsel in der Stimmlage und -geschwindigkeit sowie der Mimik. Kaum eine Handlung der Erzählerin wirkt überladen. Anstatt sich einer einzelnen Rolle übermäßig hinzugeben unterstreicht Melody Reich die Aussagen und Handlungen aller Personen gleichermaßen.

Die Erzählungen enden mit einer Pointe oder einer Situation, die zum Nachdenken anregt. In einigen Sätzen geht die Erzählerin noch einmal auf die erstaunlichen Aspekte des vergangenen Märchens ein, oder läutet das Nächste mit einem Glockenspiel oder einer mechanischen Spieluhr ein.

Auch wenn viele Märchen des Abends den Anwesenden, zumindest zum Teil, bekannt sind, so ist die Art der Erzählung für viele etwas erfrischend Neues. So wird der Personenwechsel durch leichte Handbewegungen und einer veränderten Stimmlage vermittelt. Als Stadtwache hält die Erzählerin eine imaginäre Lanze, als Fährmann stößt sie ein langes Ruder in einen nicht vorhandenen Fluss. Als Bäumchen steht sie angewurzelt da, winkelt die Arme leicht an und spricht mit hoher Stimme.

Wenn das Glückskind auf der Suche nach den drei goldenen Haaren des Teufels in eine Ameise verwandelt wird, folgt sogleich eine aufnehmende Handbewegung der Frau des Teufels und ein Gespräch mit der ausgestreckten Handfläche. Einem einfachen Wald wird mit kurzen Umschreibungen, wie etwa der Artenvielfalt oder der Tageszeit, Leben eingehaucht. Mithilfe gezielter Pausen und dem geschickten Einsatz von Worten und Gesten entsteht Spannung. Kuriose Szenen, wie der Sprung einer alten Frau von einem Wegesrand zum Anderen sorgen für Lacher im Publikum.

Nach knapp zwei Stunden sind die Zuschauer um die unterhaltsame Erzählung von sechs Märchen reicher. Einige Geschichten waren sicherlich den meisten bekannt, aber es waren auch Erzählungen dabei, die viele der Anwesenden noch nie, oder seit Jahrzehnten nicht mehr hörten.

„Ich bin zwar die einzige hauptberufliche Erzählerin, die in Gelsenkirchen wohnt, aber ich fühle mich nicht allein. Der Beruf hat in den letzten Jahren wieder Aufwind und etwas, das solange überdauert hat, wie Märchen, das hat sich bewährt.“

 

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