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Märchenmund | „Für dich ging ich zu Sonne, Mond und Sternen“
Märchen erzählt von Erzählerin Melody Reich
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„Für dich ging ich zu Sonne, Mond und Sternen“

Märchen von Abschied, Krise, Neubeginn

Entstehung des Programms:

Im April 21 erhielt ich ein Stipendium des Landes NRW im Rahmen der Coronahilfen, um ein neues Erzählprogramm zu gestalten. Das Besondere: ich wollte nach Märchen gleichen Typs aus aller Welt suchen und mit den Motiven aus den verschiedenen Märchen eigene Versionen erstellen. Thematisch sollten sich die Märchen mit Abschied, Krise und Neubeginn beschäftigen. Diese Themen sind natürlich stark verbunden mit der Zeit der Pandemie. Ich hatte mich gefragt, welchen Beitrag ich als Erzählerin zur Bewältigung dieser Themen anbieten könnte. Wichtig war mir, dass die Geschichten nicht beschönigen, aber immer davon sprechen, dass ein Neubeginn möglich ist – ganz gleich, welcher Abschied genommen werden muss und wie heftig die Herausforderungen der Krise auch sein mögen. 

Die nötige Recherchearbeit war zeitintensiv und sehr spannend. Es war das erste Mal, dass ich mich mit Märchentypen beschäftigten konnte und ich bin sehr dankbar, dass ich innerhalb dieser Arbeit dazu Zeit und Gelegenheit hatte.

Ein großer Teil der Zaubermärchen folgt dem Muster von Abschied, Krise und Neubeginn, so dass die zur Auswahl stehenden Märchen ebenso riesig war. Außerdem war es gar nicht so leicht für mich, Varianten eines Märchentyps von außereuropäischen Märchen zu finden. Der unter Märcheninteressierten durchaus bekannte Typenkatalog von Aarne-Thompson gibt in frei zugänglicher Form meist nur Beispiele aus Europa, oft auch nur der Grimmschen Märchen. Etwas weiter führt der Index von Aarne-Thompson-Uther, aber auch hier stand ich oft nur vor der Beschreibung des Typs und hatte keine Möglichkeit, entsprechend Märchen aufzufinden. Schließlich stieß ich im Internet Archive auf eine wunderbare Bibliothek, die mir Zugang zu vielen Märchen verschaffte. Mit dieser Bibliothek arbeitete ich fortan, las und verglich, stieß auf ganz wunderbare Varianten und Material, mit dem ich arbeiten wollte.

So entstanden meine eigenen Versionen zu Märchen vom Typ „Wasser des Lebens“ und „Ehefrau sucht ihren verlorenen Mann“. Außerdem fanden noch zwei Märchen, die ich bereits in anderen Zusammenhängen erarbeitet hatte, Eingang in mein Programm.

Aufnahme vom 15.Jan.22. Foto: Wolfgang Reich

Das Programm:

Märchen sprechen in Bildern. Die Motive, die wir in Volksmärchen finden, sind über viele Generationen wieder und wieder verwendet worden und jede Erzählerin/jeder Erzähler hat eigene Erfahrungen hineingebracht, hier etwas weggelassen, dort etwas eingefügt oder besonders betont, eine Stimmung geschaffen. Durch diese fortwährende Bearbeitung sind die Märchen im mündlichen Erzählen lebendig geblieben und strahlen noch heute. 

Beim Zuhören bringt jede Hörerin und jeder Hörer die eigene Erfahrung ein, knüpft emotional an Motive an und ahnt die Tiefe, die hinter den Bildern verborgen ist. Die Bilder lassen es jedem und jeder völlig frei, wie weit er oder sie sich einlassen möchte. So kann ein frei erzähltes Märchen einfach als spannende und interessante Geschichte gehört werden und die Situation, in der jemand auf professionelle Art eine gute Geschichte erzählt, als Auszeit genossen werden. Wer will, kann sich aber auch tiefer hineinbegeben und einzelnen Motiven in der eigenen Erfahrungswelt nachforschen, sich infrage stellen oder Situationen neu bewerten.

„Für dich ging ich zu Sonne, Mond und Sternen“ bietet ganz unterschiedliche Situationen an, um ihnen nachzusinnen. Da ist von einer jungen Frau zu hören, die genau weiß, wie sie ihren Ehemann haben möchte. Sie gibt viel von sich, bevor sie ihn heiratet und er lässt sich gern darauf ein. Aber die Beziehung ist fragil, weil es ihm am eigenen Standpunkt fehlt und beide müssen noch auf eigenen Wegen reifen, um wieder zusammenfinden zu können. Die Frage, wie sehr ich meine Welt bestimmen und kontrollieren will und kann und um welchen Preis dies geschieht, schwingt beim Hören des Märchens mit.

Um festgefahrene Blickwinkel innerhalb der Familie geht es im zweiten Märchen und darum, welche Herausforderungen bestanden werden müssen, um den Blick der Familie auf sich selbst zu verändern. Sich dem Verschlingenden in sich selbst zu stellen, kann eine Station auf dem Weg sein. Wer sich auf den Weg macht, sich aus alten Banden zu erlösen, kann auch anderen Erlösung bringen. 

Eine etwas andere Sicht auf den Tod und den Umgang mit ihm bietet das dritte Märchen des Programms. Das vierte Märchen, das den Streifzug durch die Welt der Märchen beendet, geht verschmitzt der Frage nach, wie zwei den Alltag meistern können, deren Temperament ihnen Steine in den Weg der Gemeinsamkeit legt.

Zwischen den Märchen gebe ich kleine Anstöße zum Weiterdenken und am Ende des Programms stehe ich für ein Gespräch über die Märchen zur Verfügung.

Die Premiere des Programms fand am 15. Jan. 22 in der Kellerbar des Consol Theaters statt und fand bei den Anwesenden großen Anklang. Bei einem Getränk unterhielt ich mich mit mehreren Zuhörenden noch einige Zeit über das, was nachschwang und Fragen aufwarf. Es war ein sehr schöner Einstieg in das Abenteuer, dieses Programm nun weiteren Menschen zu Ohren zu bringen. Gut geeignet ist das Programm für Gruppen in Kirchengemeinden oder Nachbarschaftsquartieren oder überall da, wo Menschen miteinander in Verbindung kommen.

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