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Märchenmund | Schneeglöckchen
Märchen erzählt von Erzählerin Melody Reich
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Schneeglöckchen

Da haben wir heute den 11.2.17 und im Ruhrgebiet lag heute Morgen der erste nennenswerte Schnee. Das hat mich an ein Märchen erinnert, das ich hier mit Euch teilen möchte.

Der Schnee und das Schneeglöckchen

Als der Schöpfer alle Dinge erschuf, gab er ihnen auch die Farben. Die Sonne erhielt ein leuchtendes Gelb, der Himmel ein kühles Blau, die Erde hatte alle Brauntöne gewählt und die Blumen durften von allen Farben ein wenig nehmen.

Ganz zuletzt blieb nur noch der Schnee. Der Schöpfer wandte sich an ihn: „Du darfst dir die Farbe aussuchen. So einer wie du, der in jeden Winkel kommt, wird sich etwas für sich finden.“

Der Schnee war stolz darauf, dass er sich seine Farbe selbst aussuchen durfte. Außerdem war er auch ein wenig eitel und so wollte er ein schönes buntes Kleid haben. Zuerst ging er zum Gras, das ein frisches, leuchtendes Grün trug: „Bitte, gib mir etwas von deinem wunderbaren Grün!“ Das Gras aber wollte nichts von seiner Farbe abgeben: „Tut mir leid, Schnee, aber ich brauche mein Grün für mich selbst!“

Da ging der Schnee zur Rose, die trug ein tiefes Rot und war sehr stolz auf ihre Farbe. „Liebe Rose, gib mir bitte etwas von deinem zauberhaften Rot ab!“ Die Rose aber wandte ihren Kopf ab: „Wie käme ich denn dazu, dir etwas abzugeben? Am Ende wird mein Rot hell und heller. Nein, das will ich nicht!“

Da ging der Schnee zum Veilchen, das war sehr schön violett, aber auch sehr schüchtern und als der Schnee es um ein wenig Farbe bat, da konnte es vor lauter Schüchternheit gar nicht antworten.

So zog der Schnee weiter und fragte noch viele Blumen, doch niemand wollte ihm etwas von seiner Farbe abgeben, ja, manche lachten ihn sogar aus.

Schließlich setzte sich der Schnee traurig an den Waldrand und meinte schon, dass er als einziger keine Farbe bekommen würde. Da sah er ein kleines weißes Blümchen dort am Waldrand stehen. Das war seine letzte Hoffnung: „Bitte, liebe Blume, gib mir doch ein wenig von deinem weißen Mäntelchen. Ich hätte so gern eine Farbe, aber niemand will mir etwas von seiner Farbe abgeben.“

Das kleine weiße Blümchen erbarmte sich: „Wenn dir mein Mäntelchen gefällt, darfst du gerne davon nehmen.“ Der Schnee nahm dankbar ein Stück vom weißen Blütenmäntelchen. Seither ist er weiß. Dem Blümchen gab er den Namen Schneeblume und ihm allein fügt er keinen Schaden zu.

Als der Winter kam, schlief das Blümchen noch tief in der Erde verborgen. Draußen waren Feld und Wald vom Schnee bedeckt. Da weckte die Sonne mit ihren warmen Strahlen das schlafende Blümchen. Es drängte sich durch die kalte Erde und streckte seine Blütenköpfchen aus dem Schnee heraus, und der Frühling, der seine ersten Schritte über das Land zog, freute sich so sehr, dass er dem Blümchen den Namen Frühlingsglöcken gab. Das aber wollte der Schnee nicht gelten lassen: „Im Schnee des Winters ist es gewachsen, es hat sein Mäntelchen mit mir geteilt, so soll es auch meinen Namen tragen.“

So stritten Schnee und Frühling ein wenig hin und her, bis das Blümchen entschied: „Ihr habt beide Recht: Im Schnee bin ich gewachsen, die Sonne des Frühlings hat mich geweckt, so will ich fortan „Schneeglöckchen“ heißen.“

Da waren es alle zufrieden und seither gilt das Schneeglöckchen den Menschen als erster Bote des nahenden Frühlings.

Märchen aus Deutschland, bearbeitet von Melody Reich

 

Wissenswertes rund um das Schneeglöckchen:

Der botanische Name des Schneeglöckchens lautet: Galanthus. Dieser verbindet die weiße Farbe des Blümchens mit dem weiß der Milch: „gala“ ist das griechische Wort für Milch und „anthos“ bedeutet Blüte.

Das Schneeglöckchen gehört der Familie der Amaryllisgewächse an. Alle Teile der Pflanze sind hochgiftig.

Das Schneeglöckchen stammt ursprünglich aus Süd- und Osteuropa und Kleinasien. Anderswo, zum Beispiel in Nordamerika, sind Arten nur verwildert. Die häufigste Art, Galantes nivalis, wächst jedoch schon lange in mitteleuropäischen Gärten und kommt in Mittel- und Westeuropa auch verwildert vor. Sie kommen in Waldwiesen, Auen und Laubwäldern vor und bevorzugen feuchte und schattige Standorte.

Schneeglöckchen-Arten sind mehrjährige krautige Pflanzen. Diese Geophyten bilden Zwiebeln als Überdauerungsorgane. Im Frühjahr beginnen die Schneeglöckchen auszutreiben. Diese Zwiebelpflanze produziert so genannte Biowärme (etwa 8 bis 10 C°), die den (leichten) Schnee um Stängel und Blätter schmelzen lässt. Zwei bis –selten- drei parallelnervige Laubblätter stehen grundständig zusammen.

Dann wird der Blütenstand ausgetrieben mit einem langen Blütenschaft und nur einer Blüte. Anfangs umgibt ein Hochblatt die Blüten und schützt diese vor strenger Witterung. Bei günstigen Bedingungen durchbricht die Blüte die Scheide. Da der Stiel schwach gebaut ist, senkt sich die Blüte und nickt.

Das Schneeglöckchen trägt viele verschiedene Namen: Schneeguckerlein, Schneetröpfchen, Schneeblümely, Lichtmess-Glöckchen, Marienkerze, Weiße Jungfrau, Märzglöckchen oder auch Jungfer im Hemd.

Im christlichen Mittelalter war das Schneeglöckchen ein Mariensymbol: Auf Altarbildern hatte man es zusammen mit der Gottesmutter dargestellt, und auch in Klostergärten war es häufig zu finden.

Die Bewunderung für das Schneeglöckchen reicht aber zurück bis ins Altertum. So soll Odysseus die geheimnisvollen Kräfte der Blume eingesetzt haben, um seine Gefährten vom bösen Zauber der Circe zu befreien. Er machte die Wirkung eines Tranks, der bei diesen Wahn und Vergessen hervorrief, durch ein aus Schneeglöckchen gewonnenes Gegenmittel unschädlich. Diese uralte Geschichte erfährt heute eine verblüffende Aktualität: Die Schneeglöckchen enthalten das an sich giftige Galantamin, das heutzutage (durch synthetische Herstellung) als Medikament gegen die Alzheimer-Krankheit eingesetzt wird (verhindert im Gehirn den Abbau eines Botenstoffes, der die Gedächtnisleistung anregt).

In Teilen Süddeutschlands und der Schweiz heißt das Schneeglöckchen auch „Amselblümeli“, weil es für gewöhnlich dann blüht, wenn dieser Vogel mit seinem Gesang den nahenden Frühling ankündigt.

In Großbritannien gibt es die Legende, dass ein Engel, nachdem Eva und Adam das Paradies verlassen mussten, Schneeflocken in Blumen verwandelt hatte.

 

Zum Schluss noch ein Gedicht:

Wenn starr im Froste noch ruht der See,

Noch am Fenster die Blumen von Eis,

Dann blüht schon ein Blümchen aus kaltem Schnee,

Grünfarbig und silberweiß.

 

Und wenn ein Herz auf den Frühling hofft,

Darin es Winter zur Stund’,

So bringt Schneeglöckchen ihm unverhofft

Zuerst vom Frühling die Kund’.

 

O, du mein Herz, laß das Klagen sein!

Ob dein Winter auch töten dich will,

Schneeglöckchen läutet den Frühling ein:

Sei still! sei still! sei still!

 

Und der Frühling weckt Lieder und Blumen zumal,

Und der Frühling kennt keinen Schmerz!

Der hat auch wohl einen Sonnenstrahl

Für ein armes winterlich Herz!

 

Johann Meyer

 

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